Die Arbeit mit „digital metrics“
Jüngst war es eine Stellenausschreibung des Nationalmuseum Te Papa in Neuseeland, die mich wieder einmal mit der Frage konfrontierte, warum die Museen der Welt in der Digitalisierung immer deutlicher professionelle Strukturen schaffen und wir in Deutschland an so vielen Stellen noch dümpeln und düpieren. Während Museem wie das Ta Papa in Neuseeland (wie viele andere Häuser) längst schon Digital Departments aufbauen und „Daten Analysten“ rekrutieren, bewegen sich viele Museen in Deutschland noch in deutlich traditionellen Denk-, Lenk- und Verwaltungsmustern. So macht auch die Einstellung von Datenspezialisten die Wertigkeit deutlich, die inzwischen vielerorts den „digital metrics“ zugeordnet wird. Hinter diesen Datensätzen steht eben mehr als der Blick auf klassische Objektdatenbanken, die Pflege von Adresslisten für Newsletter und Presseversand, sanfte Begegnungen mit Datenverkehrsanalysetools wie Google Analytics oder zögernde Ansätze für ein Customer Relation Management. Wenn wir heute über „digitale Transformation“ sprechen, und dabei auch auf weite Themenbereiche der Unternehmenskultur schielen, bedeutet das auch den Blick auf fortlaufende Veränderungsprozesse, die ganzheitlich konzipiert sind und auch auf digitalen Technologien gründen. Die Kenntnisse „agiler Prozesse“ sind in deutschen Kultureinrichtungen aber wohl eher rudimentär und die Vorstellungen über Entwicklung, Identifikation und Bewertung digitaler Produkte und Prozesse rufen eher Alpträume als Phantasien hervor. Und so findet der suchende Blick eben eher einen Fingerabdruck vom anderen Ende der Welt und lokalisiert auf dem kleinen Inselstaat im Südpazifik spannende, weitsichtige und moderne Ziele: „We are building a team to design and deliver world leading, accessible, sustainable and delightful digital experiences, products and services that Te Papa’s customers love – both inside the museum and beyond its walls„.
Professionelle Arbeit mit metrischen Daten
Schon seit geraumer Zeit lassen sich weltweit Initiativen dokumentieren, die die Arbeit mit den immer zahlreicher werdenden digitalen Produkten bzw. Instrumenten und den resultierenden Daten professionalisieren. Mit einem klaren Blick auf Zielgruppen, Instrumente und Leistungskennzahlen (KPIs) arbeiten immer mehr Häuser an den analogen und digitalen Schnittstellen zum Publikum. Im Smithsonian bedeute das: „by digitizing our collections and utilizing a wide range of digital media technologies, the Smithsonian can engage billions worldwide and power research collaboration across nations and disciplines. These metrics pertain to our leading-edge digitization program and outreach to the public via websites and social media„. Auch in der Tate begleitet man die digitale Transformation und Organisationsentwicklung auf entsprechender Grundlage: „Understanding our audiences and evaluating the impact and value of their digital experiences is a vital element of Tate’s digital transformation. One of the aims of this project is to establish a digital culture within Tate that is audience centred, responds to the audience needs and that is also iterative and evaluation lead.“
Zur Ausgestaltung dieser digitalen Fundamente werden mitunter neue Kompetenzen in die Häuser geholt. Eine Schlüsselrolle scheint dabei der „Data Analyst“ einzunehmen, – der übrigens bereits 2013 zu den „sexiest jobs“ des 21.Jahrhunderts gerechnet wurde. Was genau zu seinem Aufgabenfeld gehört entnehmen wir zum Beispiel einer Stellenausschreibung des MET: „(…) a talented Digital Media Analyst who will be responsible for establishing and overseeing an analytics program to monitor and assess departmental channels, platforms, and programs. (…) The Digital Media Analyst will be counted upon to understand the “story” behind the numbers and prepare materials to share those stories with project teams and senior leadership. This employee will also analyze, conduct user research, and develop timely reports to understand the fluctuations in data and identify trends and opportunities to optimize the Museum’s digital platforms and programs. So if you are a storyteller, creative thinker, data fanatic, and you anticipate questions before they are asked, then this is the opportunity for you!„. Nun wird nicht jedes Museum einen solchen Spezialisten brauchen, – wesentlich scheint es mir aber für die Arbeit mit solchen Daten Wahrnehmungen, Strukturen und Möglichkeiten zu schaffen. Es geht darum Voraussetzungen und Kompetenzen zu klären. Letztlich sollten alle digitalen Maßnahmen und Instrumente, die man mit viel Aufwand generiert, eine klare Zielstellung haben und professionell evaluiert werden. Erst wer seine Zielgruppen kennt und die Motivation hinter einem „Klick“ versteht , wird überzeugende und erfolgreiche Projekte und Instrumente realisieren: „Measuring online performance has been one of the hot topics for museum online professionals„.
Das „Digital Product Development Framework“ als Handlungsgrundlage im Museum
In Neuseeland liegt im Aufgabenfeld des Data Analysten auch ein „Digital Product Development Framework“, das auf der 2015 initiierten digitalen Strategie des Museums fundiert: „In the lead up to a five-year programme of museum renewal, Te Papa established a new digital strategy, traversing audience-centred digital product development, transformation, and digital capability-building. As part of this strategy Te Papa developed and implemented a new Digital Product Development Framework (DPDF). The DPDF was a new set of digital processes grounded in Lean and Agile methodologies, to help teams identify, prioritise, and validate ideas; manage resources, deliver new product and continuously improve existing Te Papa’s digital products and platforms.“ Ein Regelwerk mit einer Perspektive von fünf Jahren erscheint mir sehr mutig, bei der Tate ist man da vorsichtiger gewesen und hat wiederholt auf Zweijahrespläne gesetzt. Tatsächlich scheint mir der kürzere Zeitraum den technischen Entwicklungszyklen eher angemessen, im Kontext verwaltungstechnischer Parameter und der Dynamik eines Museums aber natürlich trotzdem von rasender Geschwindigkeit. Wer sich mit den von Adrian Kingston ins Te Papa Museum transferierten agilen Arbeitsmethoden, den Strukturen und Tools (insbesondere Projektmanagement via Scrum oder Trello) befassen möchte, dem sei der folgende Vortrag empfohlen:
Titelbild: Dulwich Museum, 1900-1926, England, by Samuel Hurst Seager. Gift of S. Hurst Seager, 1926. Te Papa (LS.003486) via http://collections.tepapa.govt.nz/Object/227498/download
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