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Blog von Christian Gries / ISSN 2197-7747

Ge(h)denken – eine WebAPP über den "Lebensborn" in München

Ge(h)denken – eine WebAPP über den "Lebensborn" in München

Im Juli 2013 wurde die Web-App »Ge(h)denken« freigeschaltet, die an die nationalsozialistische Vergangenheit in München erinnert. Als quasi mobile Ausstellung fordert die Anwendung dazu auf, unmittelbar im öffentlichen Raum Geschichte zu erkunden.
Nicht alle Schauplätze und nationalsozialistischen Wirkungsorte in der einstigen „Hauptstadt der Bewegung“ sind als solche markiert und erkennbar. Dies gilt insbesondere für jene Münchner Adressen, an denen der „Lebensborn“ agierte. Die App gibt hier Orientierung und liefert erschütternde Informationen.

Foto3Mehr als eine klassische App – eine mobile Ausstellung
Die mobile Ausstellung „Ge(h)denken“ versteht sich als historische Spurensuche durch München. Sie ist damit mehr als eine klassische App, – sie ist eine mobile Ausstellung, die eine Vielzahl von Informationen in Text, Bild und Video transportiert. Schritt für Schritt werden Orte des Geschehens angesteuert und mit der Geschichte des „Lebensborn“ verknüpft. „Ge(h)denken“ verortet Stationen der NS-Geschichte in München, rückt die Schicksale der Betroffenen ins Licht und thematisiert das folgenschwere Handeln der Täter. Dabei ist das „Schritt für Schritt“ wörtlich zu nehmen, denn die App führt über interaktive Fußspuren durch die Geschichte.

Exkursionen auf Spuren des Lebensborn in München
Die App zeichnet die Spuren des Lebensborn nach, der, als ein von der SS getragener und staatlich geförderter Verein, das Ziel hatte, auf der Grundlage der nationalsozialistischen Rassenhygiene und Gesundheitsideologie die Erhöhung der Geburtenrate „arischer“ Kinder auch aus außerehelichen Beziehungen herbeizuführen. Über die mobile Website hat der User die Möglichkeit, Orte des Lebensborn in München „virtuell“ abzugehen – gleichzeitig werden die Nutzer angeregt, die Exkursion auf den Spuren im realen Leben zu beginnen und fortzusetzen. Die App „Ge(h)denken“ führt damit auf einen fast vergessenen Pfad der Münchner Geschichte, der Schritt für Schritt neu betreten und für die Zukunft und Nachfolgende befestigt werden soll. 

Interaktive Karte zum "Lebensborn" in München
Interaktive Karte zum „Lebensborn“ in München

Vertiefende Dokumentation des „Lebensborn“ in München
Die App bietet zahlreiche vertiefende und flankierende Informationen zum „Lebensborn“ in München. Auf einer interaktiven Karte werden Schauplätze mit Deckadressen und „arisierten“ Immobilien benannt, die etwa als Mütterwohnstätten, Meldeanschriften oder Lagerräume genutzt wurden. Explizite Standorte des „Lebensborn“ in München, wie der vorübergehende Sitz des Vereins in der Poschinger Straße 1 (der enteigneten Villa von Thomas Mann) oder das „Heim Hochland“ in Steinhöring können nachgelesen oder in Abbildungen von „Früher“ und „Heute“ studiert werden. Eine Zeitleiste von 1907 bis 1945 markiert zudem politische und historische Daten und Stationen im Kontext.

Exkurse zu Menschen und Themen im Kontext
Inhaltlich bietet die mobile Ausstellung aber auch Informationen über Themen im Kontext („Arisierung“, Zwangsarbeit, Europäische Dimensionen, Erinnerungskultur) und öffnet den Blick auf das unmittelbare Schicksal von Betroffenen. Am Beispiel mehrerer „Lebensborn-Kinder“ werden Kindheitserinnerungen, Prozesse zur Wahrheitsfindung und Vergangenheitsbewältigung, aber auch Schuld- bzw. Schamgefühle und Sehnsüchte thematisiert. Dazu werden Videos eingespielt, die die Betroffenen zu Wort kommen lassen. Der Unfassbarkeit dieser Schilderungen werden dann „Drahtzieher“ des Lebensborn entgegen gestellt und über deren Verurteilung auf den Nürnberger Prozessen informiert. Eine erschütternde Dokumentation, die fassungslos macht und doch mitten in München verwurzelt ist.

lebensborn
A. Baumann / A. Heusler: Kinder für den „Führer“ – der Lebensborn in München, München 2013

Jenseits der Vergangenheit
Die mobile Website informiert zudem über eine von Angelika Baumann und Andreas Heusler herausgegebene Publikation: Kinder für den „Führer“ – der Lebensborn in München (München 2013).
Als WebApp funktioniert die Anwendung auf jedem Smartphone und Tablet über den Link http://www.muenchen.de/gehdenken/. Der Download zusätzlicher Software ist nicht erforderlich.
Flankiert wie die App seit 2014 durch ein kleines Blog, das in den nächsten Monaten weitere Informationen zum Thema zugänglich macht.

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