Der erste Tweetup ist vorüber, – das Team des „aufbruch. museen und web 2.0“ hatte am 14. September 2011 zum gemeinsamen Besuch eines Museums und gemeinschaftlichen Twittern geladen. Die Initiative war der Auftakt für eine Serie weiterer Termine in anderen Museen, Theatern und Bibliotheken, über die in den digitalen Medien rechtzeitig informiert werden wird. Grundsätzlich ist zu diesen Terminen jeder eingeladen, der ein Smartphone besitzt und über einen eigenen Twitteraccount verfügt.
Das Deutsche Museum
Als erster Austragungsort wurde das Deutsche Museum in München gewählt, nicht nur weil es zu den größten Museen der Stadt gehört, sondern auch weil es als Plattform für Innovation, Wissen und Technik steht und mit seinen vielseitigen Impulsen für ein digitales Impromtu wie geschaffen schien. Mit seinen ca. 100.000 Originalexponaten ist das Deutsche Museum eines der bedeutendsten naturwissenschaftlich-technischen Museen weltweit. Die Sammlungen sind dabei nicht auf einen speziellen Themenbereich oder eine konkrete Zeitstellung begrenzt – sie enthalten Objekte vom Bergbau bis zur Atomphysik, von der Altamira-Höhle bis zum vergrößerten Nachbau einer menschlichen Zelle, von der Steinzeit bis zur Gegenwart.
Für den Event wurde über das Blog des Aufbruch und via Facebook sowie (personalisierte) Twitteraccounts eingeladen. Im Resultat konnte dann auch ein ansehnlicher Social Impact generiert werden, der sich über zahlreiche Retweets, Interaktionen („Gefällt mir“) oder Kommentare auf anderen Blogs etc. formulierte.
Empfang im Deutschen Museum
Im Museum wurden die Twitterer vom Pressesprecher des Museums, Bernhard Weidemann, offen und freundlich empfangen, der bereits auf der Tagung im Frühjahr 2011 mit einem Beitrag über den YouTube-Kanal des Museums die grundsätzliche Bereitschaft des Hauses für eine Kommunikation auch in den neuen Medien markiert hatte.
Einen eigenen Twitteraccount hat das Deutsche Museum (wie auch die meisten anderen Museen in München) bislang aber nicht vorzuweisen, wie auch die Beiträge auf sozialen Plattformen wie Facebook oder Foursquare eher den Impulsen engagierter Fans zu verdanken sind, als hausgemachte Initiativen vorstellen. Genau aus diesem Grund hatte das Team des „aufbruchs“ auch die Initiative beschlossen, – um den Museen einen Social Impact zu zeigen und die Positionierung im digitalen Raum einzufordern. Wie so oft macht der internationale Vergleich hier deutlich, dass deutsche Kultureinrichtungen vielfach Entwicklungen verschlafen, das Publikum verkennen und den digitalen Raum als Kulturraum beharrlich ignorieren: „(…) Wir sehen eine Jugend, die diese neuen Möglichkeiten massenhaft ergreift und faszinierende Anwendungen für sich entdeckt und z.T. selbst entwickelt hat, neue Formen des Lernens, des Veröffentlichens und Verbreitens von Informationen, Artefakten und Debatten. Wir beobachten eine weltweite Agora kulturellen Austauschs und können ein aktiver Teil dessen sein – das sind faszinierende Szenen eines allgemeinen Aufbruchs mithilfe der digitalen Medien. Auf der anderen Seite gibt es eine bewahrpädagogische Duldungsstarre der etablierten Institutionen in Medien, Bildung, Kultur und Politik, nicht überall, aber doch nicht zu übersehen (…)“ (zitiert nach Thomas Krüger auf dem 6. Bundespolitischen Kulturkongress in Berlin 2011).
Der Hasthag #mukomuc
Zum eigentlichen Tweetup versammelte sich dann eine Gruppe von Kultur-Twitterern im Museum, die, einem Flashmob vergleichbar, in einem eng begrenzten Zeitintervall (30 Minuten) gemeinsam eine Ausstellung besuchte und die individuellen Eindrücke via Twitter in max. 140 Zeichen oder einem Photo dokumentierte. Bei dieser Aktion ging es also nicht so sehr um den gepflegten und reflektierten Besuch einer Ausstellung, sondern um den Social Impact, das persönliche bzw. gemeinsame Erlebnis und den digitalen Impuls, der für die globale Öffentlichkeit über den Mikroblog-Dienst „Twitter“ live mitverfolgt werden kann.
Alle Tweets werden bei einem Tweetup mit einem (vorab verabredeten) Schlagwort, dem sog. „Hashtag“ gekennzeichnet, um die Gesamtspur der zugehörenden Tweets im Kosmos des gleichzeitigen Twitterstreams auch identifizieren zu können.
Zur Dokumentation des eigenen Streams wurde im Vorfeld eine Twitterwall eigerichtet, die alle Tweets für eine Weile dokumentierte. Im Rückblick wurden während des Tweetups dann 59 Tweets absetzt, die zum Teil auch ganz persönliche Eindrücke eines Museumsbesuchs nach Aussen dokumentieren:
Besuch der Ausstellung „Museumsgeschichte – Welt im Wandel“
Den musealen Rahmen des Tweetups gab die Abteilung „Museumsgeschichte“ und die Ausstellung „Welt im Wandel„, die die Gründungs- und Baugeschichte des Museums dokumentiert, aber auch das allererste Sammlungsobjekt (Quecksilberthermometer nach Réaumur, 18. Jh.) zeigt.
Zukunftsmusik, Zukunftspreis und die Frage des „Nebenraums“
Für viele Kultureinrichtungen klingt „Twitter“, stellvertretend für Social Media, im ungünstigsten Fall nach „sinnlosem Freizeitvergnügen“ und in der positiven Deutung nach „Zukunftsmusik“. Die Teilnehmer des Tweetups und mit Ihnen das internationale Publikum im digtalen Raum, welches die Nachrichten aus dem Museum gelesen und eifrig weitergeleitet hat, sehen das nicht so. Die digitale Interaktion ist längst Gegenwart und der gemeinsame Austausch über die sozialen Medien eine unbedingte Form der kulturellen Begegnung. Und die hat nichts mit dem Lebensalter zu tun. Das Durchschnittsalter der Twitterer in München dürfte bei ca. 35 Jahren gelegen haben. Technikkompetenz ist ganz sicher kein Ausscheidungskriterium.
Womöglich war es dann auch symptomatisch, dass gleichzeitig mit dem Tweetup eine Festveranstaltung im Museum für den „Deutschen Zukunftspreis„, den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation, abgehalten wurde. Wohlgemerkt im Nebenraum. Im Kontext dieser Veranstaltung wurde auch ein „bionischer Arm“ als neues Exponat in die „hall of fame“ des Museums übergeben (übrigens mit einem sehenswerten Film der Fraunhofer Gesellschaft auf Facebook dokumentiert).
Bezeichnend, und fast wie eine Würdigung des Beitrags, den auch der digitale Raum zur Kultur des Menschen leisten kann, klingen da die Worte des Bundespräsident Christian Wulff zum Zukunftspreis: „(…) Zukunftsmusik: Was vor gar nicht allzu langer Zeit noch so geklungen hat, ist heute allgegenwärtig in unserem Alltag. Das gilt für die mp3-Technik ebenso wie für hochauflösende Plasmabildschirme, das gilt für Leuchtdioden, die uns sparsam und zugleich hocheffizient ein Licht aufgehen lassen, ebenso wie für leistungsstarke Miniatur-Sensoren, die das Autofahren sicherer und unsere Handys und Laptops benutzerfreundlicher machen. All diese Entwicklungen haben eines gemeinsam:(…) Sie stehen für einen Erfindungsreichtum, der dazu beiträgt, das Leben der Menschen zu verbessern, neue Arbeitsplätze zu schaffen und unseren Wohlstand zu sichern. Sie stehen für einen Fortschritt, der den Menschen dient. Und genau darum geht es (..) zu zeigen, wie wichtig Innovationen für unser Land und seine Menschen sind. Solche Innovationen fallen nicht vom Himmel, sondern sind das Ergebnis von Neugier und Hartnäckigkeit, von Wissen und Können. Dafür müssen die Voraussetzungen stimmen. Trotz Krise heißt deshalb die Devise für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft: Voller Einsatz für Bildung, Forschung und Entwicklung! (…)“.
Sehr geehrter Herr Bundespräsident, wir sind sehr hartnäckig und voller Einsatz, – wir laden Sie gerne ein:
Der nächste Tweetup in München: Haus der Kunst, 29. September 2011, 12 – 13 Uhr (Besuch der Ausstellung Carlo Mollino, mit Führung), weitere Infos dann hier
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