Ein Gastbeitrag von Martin Spantig, Projekt Museen & Tourismus, bei der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern zum Bayerischen Museumstag 2019
Bis ins Jahr 2000 galt noch, was schon seit anderthalb Jahrhunderten galt: Kulturtouristen informieren sich über ihre Ziele vor allem mit dem Baedeker. Lediglich 10% aller Urlauber holten sich damals ihre Information zur Reiseplanung aus dem Internet. Nur zwei Jahrzehnte später ergibt sich ein gänzlich anderes Bild. Nur eine Minderheit verlässt sich heute auf gedruckte Medien. So sind es laut IPK-Studie bereits 82 %, die sich im Internet zu ihren Reisen informieren und oft auch dort gleich buchen.
Viele Museen glauben sich gut aufgestellt, schließlich hat man ja eine Website und Google wird mein Haus dann schon finden. Nur: welcher Reisende aus Norddeutschland oder gar aus dem Ausland sucht nach einem bayerischen Museum, wenn er noch nie davon gehört hat?
Plattformen im Netz mit Relevanz
Schauen wir uns die Plattformen im Netz mit Relevanz für Touristen einmal an. Also dort, wo Kulturtouristen sich heute Informationen abholen. Auf GetYourGuide sind nur wenige Museen aus Bayern präsent, bei Airbnb-Experiences gar keine. Auf Tripadvisor sind einige Museen bewertet, viele Museumsverantwortliche wissen dies jedoch nicht. Und wissen auch nicht, ob sie gut oder schlecht dort weg kommen. Leider verkauft auch kein bayerisches Museum auf dieser Plattform Tickets. Wikipedia, der Marktführer für valide und werbefreie Informationen im Netz, enthält auch nur zum Teil einen Verweis auf die Museen im Freistaat. Einige Häuser sind dabei, selten in der englischen Sprachversion. Viele Museumsleiter haben noch nie gecheckt, ob und wie man auf Wikipedia vertreten ist.
YouTube, das wichtigste Medium heute, mit dem Reisende nach der Buchung des Urlaubs aber noch vor der Abreise ihre Feinplanung vornehmen und vor allem ihre Vorfreude auf das Urlaubsziel steigern, enthält wenige Museen mit eigenen Bewegtbildern. Ein paar sind über Travel-Blogger-Beiträge dort zu finden. Soziale Medien wie Instagram, Facebook oder Twitter, die Möglichkeiten darstellen, den eigenen Namen bekannt zu machen, werden wenig genutzt und nur selten mit erkennbaren strategischen Ansatz. Viele dürfen überhaupt nicht in diesem Feld tätig werden.
Systemfehler: digitale Unsichtbarkeit
Daraus ergibt sich ein klarer Befund: die zunehmende digitale Unsichtbarkeit der Museen aus der Sicht von Touristen als Systemfehler. Ein Fehler, der sich quasi unbemerkt in den vergangenen zwanzig Jahren in der Museumslandschaft eingeschlichen hat. Ein Fehler, der dazu geführt hat, dass trotz Verdopplung der Tourismusankünfte in Bayern die Zahl der Museumsbesuche fast gleich geblieben sind. Bayern ist kein Sonderfall. Museen in ganz Europa droht die digitale Unsichtbarkeit in einer zunehmend vom Netz geprägten Alltagswelt von international reisenden Touristen. Die digitalen Aufmerksamkeits-Werte von Museen in ganz Europa sehen ähnlich schlecht aus hinsichtlich sozialer Medien, Tripadvisor, YouTube, GetYourGuide oder Airbnb-Experiences.
Museumsnetzwerke
Wenn sich Touristen nun also heute so informieren, dann müsste man doch einen Tripadvisor-Eintrag anlegen und diesen regelmäßig checken, strategisch strukturiert auf Instagram tätig werden, Teile des Führungs- und Mitmachprogramms versuchen bei Airbnb-Experience unterzubringen, den Wikipedia-Eintrag zweisprachig anlegen, eine Kurzführung durch das Haus für YouTube filmen, und, und, und … Deswegen brauchen wir Museumsnetzwerke, um die Anbindung zum Informationsverhalten der Kulturtouristen wieder herzustellen. Nur über effizient vernetzte Arbeitsteilung sind Erfolge bei der Besuchergewinnung unter den inzwischen jährlich 39 Millionen Touristen in Bayern zu erreichen. Deshalb suchen wir Pilot-Museums-Netzwerke für das neue, auf fünf Jahre ausgelegte Projekt „Museum & Tourismus“ der Landesstelle.
Kontakt: Martin Spantig
Projektleitung Museen & Tourismus
Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern
Alter Hof 2 · 80331 München
+49 89/210140-27
museen-und-tourismus@blfd.bayern.de
Das genutzte Titelbild:
Johann Adam Klein, The Artists on Their Journey 1819, The Cleveland Museum of Art, USA, via CC0 Lizenz (Bildquelle: http://www.clevelandart.org/art/2018.304)