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Iliou melathron

Blog von Christian Gries / ISSN 2197-7747

Die Digitale Strategie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

Die Digitale Strategie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

Die Digitale Strategie der Pinakotheken

Heute haben die Pinakotheken eine Microsite gelauncht, die  erstmals die digitale Strategie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) öffentlich dokumentiert: https://www.digital.pinakothek.de/.

Das Dokument formuliert ein Statement im Blick auf die Öffentlichkeit und die Mitarbeiter des Hauses. Es ist ein weiterer Meilenstein auf einer Entwicklung, die mit dem Launch der Onlinesammlung, den Initiativen um die Münchner Note, der Teilnahme am Kulturhackathon Coding da Vinci und Projekten auf internationalen Kulturportalen (wie der virtuellen Erweiterung der Ausstellung „Utrecht, Caravaggio und Europa“ im Google Art Project) bereits verschiedene Etappen genommen hat: „Die Digitale Strategie bietet Orientierung für die weitere digitale Transformation der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, sowohl für die Öffentlichkeit wie auch für das Personal innerhalb der Museen.

Digitale Strategie im Leitbild verankert
Die BStGS machen deutlich, dass die Digitale Strategie als Teil des eigenen Leitbildes verstanden wird und der Claim „Originale Erleben“ nicht zwingend in einem Widerspruch mit den Paradigmen der Digitalisierung steht. Dafür liefert das Haus eine Erklärung, die das Digitale als Erweiterung der klassischen Museumsarbeit markiert: „Strategische Maßnahmen ermöglichen die bewusste Nutzung der erweiterten Potentiale im digitalen Zeitalter und führen zu den Originalen hin.“ Die Pinakotheken sehen sich auch im Digitalen in einer Verantwortung dem Experten- und Laienpublikum gegenüber „die vielfältigen Möglichkeiten des Zugangs zu den eigenen Beständen zu gestalten, Forschungsergebnisse zu vermitteln und Wege zur Teilhabe am Kulturerbe zu eröffnen.

Die offenbar in einem mehrmonatigen Prozess gewachsene Auseinandersetzung mit den Handlungsfeldern einer digitalen Strategie führt das Haus zu einigen zentralen Fragestellungen:

  • „Wie können wir das Erlebnis unserer Besucherinnen und Besucher mit digitalen Mitteln vorbereiten und bereichern?“
  • „Wie erleichtern wir den Zugriff auf Ressourcen, Daten und Forschungsergebnisse?“
  • „Wie gehen wir mit der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt um?“

Erste Antworten geben acht Leitsätze, die als „Fundamente und Grundlage“ des eigenen Handelns im digitalen Zeitalter vorgestellt werden. Ein selektiver Einblick:

„Offen für Alle“: eine Position, die vor allem Vermittlung mit „sinnvollen digitalen Mitteln“ gestalten will und dafür dem Publikum eine Infrastruktur erarbeitet. Zudem gibt die Passage eine Antwort auf die Frage nach der grundsätzlichen Wertigkeit des digitalen Besuchers: „Wir empfangen unsere Besucher im analogen und digitalen Raum mit gleicher Wertschätzung“. Was genau „Wertschätzung“ bedeutet wird nicht ausgeführt, – hoffentlich aber in anstehenden Konzepten und Programmen deutlich. Die eingangs genannten Meilensteine markieren ja bereits einen deutlichen Weg.

„Originale digital erleben“: der Leitsatz stellt die Sammlung in den Mittelpunkt der Strategie, wird aber sicher auch dazu führen, den Begriff des „Originals“ (oder den Begriff der „Aura“) in seiner digitalen Relevanz zu hinterfragen und das Digitale nicht nur als Transportbehälter für das vermeintlich einzig gültige Erlebnis, die Begegnung mit dem physischen Exponat in der Schausammlung, zu qualifizieren.

„Elektronisches Publizieren“: um international sichtbarer zu werden (die Ausführungen markieren hier vor allem ein Expertenpublikum) wird an den Pinakotheken künftig stärker „digital publiziert“. Der Leitsatz liefert leider keine Definition der geplanten Formate oder Standards des „elektronischen Publizierens“ und macht auch keine weiteren Ausführungen über diverse Zielgruppen. Die formulierten „Ziele und Meilensteine“ der Digitalen Strategie bieten ein wenig Orientierung, finden in kommenden Projekten aber hoffentlich noch weitere Präzisierungen und Ideen.

„Digitalen Wandel gemeinsam gestalten“ / „Kommunikation optimieren“ / „Sicher mit Daten arbeiten“ / „Mit Ressourcen schonend umgehen“: in einer ganzen Reihe von Leitsätzen beleuchten die Pinakotheken den Blick auf die unterschiedlichen Arbeitsbühnen im eigenen Haus. Das „Gemeinsame“ bedeutet dabei meist zunächst den Blick auf die digitale Transformation der eigenen Arbeitswelten und eine ganzheitliche, abteilungsübergreifende Perspektive sowie die strukturierte Entwicklung der „digital literacy“ der einzelnen Mitarbeiter. Das ist sicher grundlegend, – es fehlt aber noch die Öffnung nach Aussen, der Blick auf das Publikum, die Rollen von Outreach, Partizipation, Zugänglichkeit und Nachnutzung. Wenn die Museen auch Daten (!) als verantwortliche, die eigene Zukunftsfähigkeit betreffende, kulturelle Ressourcen begreifen und den digitalen Raum als Ausstellungsfläche und Arbeitsbühne, könnten und sollten diese Perspektiven noch viel weiter gehen.

#Codebavaria. Quelle: https://code-bavaria.de/startseite

„Am Puls der Zeit“: der reflektierte Umgang mit den Themen und Technologien der Zeit ist unerlässlich, zumal in einem Bundesland wie Bayern, das sich die Digitalisierung so deutlich auf die Fahne geschrieben hat: „Die Digitalisierung ist die schnellste und zugleich leiseste Revolution der Menschheitsgeschichte. Sie aktiv zu gestalten und unser Land zur digitalen Leitregion zu machen – das ist das Ziel der Bayerischen Staatsregierung.“ Vor so einem Hintergrund ist es nur naheliegend, dass die Pinakotheken auch in Ihrer digitalen Strategie die Politik in eine Rolle und Verantwortung bringen: „Bei Bereichen, in denen wir keine Entscheidungshoheit besitzen, gehen wir proaktiv auf das Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zu, um Handlungsbedarf und Lösungswege aufzuzeigen.
Es ist zu hoffen, dass die Politik hier den dringenden Handlungsbedarf gerade für die Handlungsfähigkeit und Handlungsfelder der Digitalisierung in der Kultur erkennt. Das Zentrum für Digitalisierung Bayern hat hier erste Wahrnehmungen geschärft und begleitet die Entwicklung von Zukunftsperspektiven:

Runder Tisch Digitale Kulturvermittlung. Aktueller Stand und Zukunftsperspektive(n). Bildquelle: https://zentrum-digitalisierung.bayern/runder-tisch-digitale-kulturvermittlung-aktueller-stand-und-zukunftsperspektiven-24-07-2019/

#PinaDigital
Das, nennen wir es einmal, „Manifest“ der Pinakotheken zur digitalen Strategie ist als Website publiziert. Ich verstehe das als erste (vorsichtige, aber auch deutliche) Ausschilderung eines Weges, der längst begonnen hat, konkreter wird und nun ein fundiertes, nachhaltiges und professionelles Rahmenwerk braucht. Handlungsbereitschaft signalisieren die Pinakotheken. An der Handlungsfähigkeit arbeiten sie. Den Publikationsort „Website“ verstehe ich als bewusst gewählt und in der Idee eines „living documents“ geborgen, – d.h. auf der Website und in den sozialen Medien werden wir Entwicklungen mindestens unter dem Hashtag #PinaDigital verfolgen können. Gut so.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis: Das Beitragsbild stammt natürlich aus der Onlinesammlung des MKG Hamburg: HAPAG-Dampfer „Vaterland“ auf der Elbe und Schule an der Krausestraße in Hamburg-Dulsberg (Public Domain Lizenz)

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