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Blog von Christian Gries / ISSN 2197-7747

All You Need Is Data – Simon Denny und der DLD (im Kunstverein München)

All You Need Is Data – Simon Denny und der DLD (im Kunstverein München)

Simon Denny: "All You Need Is Data – The DLD 2012 Conference REDUX", Kunstverein München
Simon Denny: „All You Need Is Data – The DLD 2012 Conference REDUX“, Kunstverein München

Der Kunstverien München startet 2013 mit einer Ausstellung des Berliner Künstler Simon Denny: „All You Need Is Data – The DLD 2012 Conference REDUX“. Die Ausstellung dokumentiert und interpretiert die Botschaften und Veränderungen einer zunehmend digitalisierten Welt.
Simon Denny (*1982 Auckland, New Zealand) ist als Künstler in enger Verbindung mit seinem Laptop aufgewachsen und bietet seine Kunstwerke schon auch mal zum Download im Internet an. Im Kunstverein München hat er nun ganz genau auf den DLD, also die Konferenz zum „Digital Life Design“, geschaut und eine ortsspezifische Installation erarbeitet. Im Ergebnis stellt er Fragen zur Kommunikation und Materialisierung bzw. den Vermarktungsprozessen innerhalb der digitalen Wirtschaft am Beispiel der Münchner Konferenz im Jahr 2012: „All you need is … DATA“?.

Denny unterzog jede Präsentation und Diskussion, ja sogar Pausen und Catering, die 2012 innerhalb der mehrtägigen Konferenz stattgefunden hatten, einer Analyse und Umformulierung. Auf 89 traditionellen Leinwänden, die zu einer aus den sozialen Medien nur zu bekannten „Timeline“ geordnet sind, gibt er den exakten Ablauf der Konferenz von Anfang bis Ende wieder. Markierungen an den Wänden rhythmisieren die Timeline und dokumentieren die jeweiligen Datumsgrenzen im Konferenzablauf. Auf den einzelnen chronologisch sortierten und an metallenen Handläufen montierten Leinwänden ordnen sich dann Informationen und Bilder der Referenten bzw. ihrer spezifischen Vortragssituationen, sowie Statements und Zitate zu bunten und inhaltsreichen Assemblagen. Auf den Kompositionen werden die einzelnen Objekte wie Portraitseiten und Pinboards aus bekannten sozialen Plattformen organisiert. Die neue Welt ist bunt und fröhlich. Sie funktioniert über einfache visuelle Raster und Markierungen. Der Text ist üppig, aber stets auf das Wesentliche reduziert. Vorgefiltert. Eindeutige Formatierungen sagen mir, was wichtig und was weniger bedeutend ist. Eine Menge Content, den es da zu bewältigen gibt.
Formatierung der Zukunft
Und dennoch erweist sich die Ausstellung als permanente Enthüllungsplattform, die Aufschluss darüber gibt, wie vorherbestimmte Zukunftsszenarien aus der Perspektive der digitalen Wirtschaft beworben werden: „In retail, social promise is delivering“ heisst es da. Oder „Digitization is about shifting power from the establishment to the social, digital individual“ und „Social media gives people an identity“.  Denny schaut den Referenten aufs Maul, wenn sie sich über „The Road to Digital“, „Epidemic Intelligence“ oder „Understanding India“ äußern. Er belegt Argumentationslinien und Entscheidungmuster, aber auch Phrasen in Weltpoiltik, Recht, Fortschritt und Kultur, die die Formatierung unserer Zukunft bedeuten. Dazu begleitet er den Manager von Lady Gaga, Troy Carter, wenn er sich auf das Prinzip „Connect with your Fans“ einlässt oder manifestiert die Thesen von Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook seit 2008, in der Aussage: „Everyone now has the power of voice“. Im Begleitheft des Kunstvereins steht dazu: „In unserem heutigen Finanzsystem, das nicht davor zurückschreckt, immaterielle Werte in einen kapitalistischen Überbau zu transferieren, ist es möglich, die Zukunft ebenso leicht zu verpacken, zu gestalten und auszutauschen, wie das bei jedem Produkt der Fall ist, das in der Datenwelt verfügbar ist“. Bei aller Wucht, Dynamik und Relevanz, die der DLD Themen- und Thesenkosmos transportiert, ist es in der Ausstellung aber auch schön, die andere Seite zu erkennen: von hinten betrachtet, offenbart sich der Innovationsolymp und Zukunftspark als ein Raum voller leerer Leinwände. Viel Platz zum Denken.
Der im Ausstellungstitel geführte Begriff „REDUX“ verweist dabei nicht nur auf den wiederholten Blick, der hier auf die Zukunftsprognosen geworfen wird, sondern bezieht sich auch auf die filmische Praxis des „Director’s Cut“ und die Wiederverwendung als künstlerische Strategie der Appropriation.
Simon Denny: ‘All You Need Is Data – The DLD 2012 Conference REDUX’
Ausstellungsdauer: 19. Januar – 10. März 2013
im Kunstverein Galeriestraße 4, 80539 München

Hinweis: Der DLD läuft diese Tage gerade wieder in München (Hashtag: #DLD13). Wer zusehen möchte, kann das prima via Livestream auf der offiziellen Seite der Konferenz. Wer’s lieber kommentiert hat, kann das zum Beispiel im Blog von Daniel Fiene und anderen haben.

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