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Iliou melathron

Blog von Christian Gries / ISSN 2197-7747

Der Geschmack der Zukunft

Der Geschmack der Zukunft

Wie schmeckt die Zukunft? Feurig, fade oder bittersüß? Und schmeckt sie in München anders, als im Rest der Welt? Oder hat sie gar keinen Geschmack? Zweifelsohne ging es bei der Tagung „Mehr Platz für alle – die Zukunft des öffentlichen Raumes in München“ um wesentlich mehr, als nur eine Frage des Geschmacks. Aber Ahnungen und Vorausichten verdichten sich doch oftmals zu empfindlichen Wahrnehmungen für die Sinne. Wut, Angst, Gefahr und sogar Revolutionen kann man, wie den Duft der Zeit, zuweilen riechen.
„Mehr Platz für Alle!“ – die Tagung in Tutzing
Die Urbanauten hatten vom 31.01. bis zum 02.02. zu einer Tagung in die Evangelische Akademie nach Tutzing geladen. Gemeinsam mit Vertretern der Zivilgesellschaft, Fachleuten, Interessierten und stadtplanerisch bzw. stadtkulturell aktiven Menschen wurde Ziele, Projekte und Modelle einer modernen Stadtentwicklung diskutiert. Impulse für neue Ideen kamen u.a. aus Wien (#Donaukanal), Berlin (#urbancatalyst), Hamburg (#nexthamburg), Zürich (#grünstadtzürich) und Dallas (#betterblock). Das war spannend. Sehr spannend. Letztlich brachte der Blick nicht nur Perspektiven des Möglichen, sondern zeichnete auch ein recht präzises Bild des in München Fehlenden, Versäumten, Verspielten, Verkauften, Gewünschten, Benötigten, Unerlässlichen, Denkbaren und Realisierten. Resultate der Tagung werden in Kürze als „Tutzinger Erklärung“ durch die Urbanauten publiziert werden und (unter anderem) in den laufenden Wahlkampf in München eingebracht. Schon jetzt kann man auf dem Blog talkingSTREET eine Chronologie der Beiträge, Themen und Diskussionen nachlesen. Nachhören kann man die Vorträge der Veranstaltung auch auf dem Tagungsradio von Harald Link: http://www.spreaker.com/show/mehrplatz.
Die Kulturkonsorten als Impulsgeber
Die Kulturkonsorten waren auf der Tagung nicht nur als Medienpartner dabei, sondern auch als Impulsgeber für das Digitale eingeladen. Bereits im Vorfeld hatten wir uns dazu Gedanken gemacht und im Kontext der Tagung von der Wiener Stadtpsychologin Cornelia Ehmayer auch gelernt, die richtige Frage zu stellen: „Wie geht es Ihnen im digitalen Raum Ihrer Stadt?“ Wohl eher schlecht als recht, wäre wohl die Antwort. Es gibt da eine ganze Menge Arbeit und wir stehen erst ganz am Anfang des Weges. Die von uns und vielen anderen praktizierte Selbstverständlichkeit des Digitalen findet im Flow der Stadt nicht wirklich Raum und Entsprechung. Trotzdem existiert über dem Lebensraum Stadt längst ein sehr lebendiger und aktiv genutzter digitaler Layer, der alle wesentlichen Lebensbereiche von Arbeit, Politik, Kultur, Alltag etc. erfasst. Er wird von Menschen aller Altersstufen und Herkunft genutzt und wächst jeden Tag. Bei dieser digitalen Lebenswirklichkeit geht es längst nicht mehr nur um bloße Kommunikation, sondern um ein identitäts- und kulturstiftendes Selbstverständnis im Miteinander. Folglich haben wir uns um einen Appell bemüht, der die Wertigkeit dieser Strukturen formuliert und Stadt bzw. Gemeinschaft dazu auffordert, hierfür auch Verantwortung zu übernehmen. Der digitale Raum muß nicht mehr erfunden werden, – er ist längst da. Er muß proaktiv gedacht, verantwortungsvoll geplant und strukturiert entwickelt werden.
Die Dame und das Einhorn
Und dann war da noch die Sache mit der Dame und dem Einhorn. Ein wirklich beeindruckender Bildteppich, irgendwo zwischen den Disputanten an der Wand. Und irgendwann die Frage nach Motiv, Datierung und Herkunft.  Keiner der Anwesenden konnte Wesentliches zur Antwort beitragen und so twitterte ich kurz vor Mitternacht ein Foto an meine Follower und bat um Expertise. Es dauerte kaum 15 Minuten und wir hatten die Hinweis auf eine Tapisserie im Musee Cluny: „La Dame à la licorne (Le Goût)“, nach 1480. Es ist beeindruckend, wenn die „Wisdom of Crowd“ selbst mitternächtliche Fragen nach gotischen Bildteppichen so zügig beantworten kann. Der Teppich entstammt übrigens einer Serie von Bildmotiven, die wohl den menschlichen Sinnen gewidmet sind. Unser Bildmotiv zeigte den „Geschmack“. Den Geschmack der Vergangenheit.

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